Exercise Stadium, Harrogate. 22.10.2024.
 
Hallo Bloggs. An diesem Dienstag steht also dann Number 78 der "beautiful 92" auf dem Zettel. Harrogate Town. Wie der Name schon andeutet, ist es absolute Provinz. Zumindest in Sachen Fussball. Geografisch liegt es in North Yorkshire, lediglich 30 Kilometer von der Städten Bradford und Leeds entfernt. Erst seit 2020 spielt dieser Verein überhaupt in der English Football League, deren klassenniedrigste Liga die Football League two ist, also vierte Liga. Das Stadion fasst lediglich 5.000 Zuschauer, es wird also kuschelig.
 
 
Statt Turin also Harrogate. Bei diesem Vergleich kommt keine Wehmut auf, denn wie will man das vergleichen? Das ist, als ob der Hund den Mond anbellt. Um es gleich zu sagen, Harrogate Town ist unglaublich nett. Die Leute freuen sich auch noch im erst dritten Jahr im Profifussball überhaupt dabei zu sein, das steckt fast an. Um das Stadion voll zu kriegen, hatten alle Jugendliche unter sechzehn Jahren freien Zutritt, dementsprechend war auch das Publikum. So kamen immerhin 2.780 Zuschauer und alle wollten Tabellenführer Port Vale stürzen sehen. Aber daraus wurde nichts, der Aufstiegsaspirant war schlichtweg zu gut, zu clever, viel besser. Und darum ist die 0:1 Heimniederlage für Town zwar schmerzlich, aber verdient.
So um 16.00 Uhr war ich in Harrogate angekommen, der kleine Bahnhof hat drei Gleise. Anfahrt war von Bradford Interchange die zwanzig Minuten nach Leeds, dort umsteigen, und dann eine halbe Stunde bis Harrogate. Das Städtchen selbst ist einen Tagesaufenthalt wert, ich bin dann einfach mal zwei Stunden rumgewandert. Etwas ziellos, einfach nur neugierig. Was wartet am nächsten Eck?
 
 
Gegen 18.00 Uhr habe ich dann den Weg Richtung Stadion eingeschlagen, dazu musste ich zurück zur Train Station und quasi auf die andere Seite der Gleise, das Exercise Stadium ist in ungefähr zwanzig Fußminuten zu erreichen. Es wurde jetzt dunkel, und anscheinend wollte kaum ein Mensch das Spiel sehen.
 
 
Dann aber, der Haupteingang war erreicht. Zuerst habe ich gedacht, da kommt noch mehr, aber das war es. Und ich stehe zu der Aussage, es hat mir gefallen, sehr sogar. Dieser Verein ist ein gutes Beispiel für "heart and soul" des Fussballs. Ohne solche Clubs gibt es keine Erstligisten, ohne solche Clubs keine Nationalmannschaften, ohne solche Clubs keine Champions League. Welcher sechsjährige Knirps beginnt schon seine "Spielerkarriere" bei einem Erstligisten?
 
 
Ich probiere dann das, was ich immer probiere. Ich bequatsche die Leute am Ticketschalter, mein olles Home Print Ticket in ein "old school" Ticket umzutauschen. Hat in England bisher immer geklappt. Das junge Mädchen war entzückt, holte den Spezialisten für solche Fälle und ich musste der gesamten Crew im "Matchday Control Room" meine Story erzählen. Aus Deutschland, und dann hier in Harrogate? WOW. Ich war Hahn im Korb der Hennen. Dann noch die Erwähnung der "beautiful 92", man war fast glückselig. Und so bekam ich letztlich ein "richtiges" Ticket und die junge Dame fragte unentwegt weiter, wo geht's denn noch hin? Ja, in Edinburgh war sie auch schon, die Hearts seien ihr schottischer Lieblingsclub. Es hingen Geigentöne im Raum. Aber dann bin ich los. Rein in das Stadion.
 
 
Das Exercise Stadium ist ein bunter Mix. Hier ein Tribünchen, da ein Stand. Auf der gesamten Seite entlang der einen Spielfeldlänge bescheidene Stehplätzeränge. Aber, alles ist neu renoviert. Die Sitzschalen ebenfalls. Im Hintergrund oben die Tribüne der "visiting supporters", der Gästefans. War proppenvoll, ich schätze mal 400.
 
 
Unten rechts dann der Homesupport. Rund 200, zumeist Jugendliche versuchen mit Hilfe einer Trommel Stimmung zu machen. Gelang aber angesichts der spielerischen Übermacht doch recht selten. Dazu war das Geschehen auf dem Rasen zu eindeutig.
 
 
In der Halbzeitpause versuchte ich auf die andere Seite zu kommen, was problemlos gelang. Kein Ordner, kein Steward weit und breit. Anscheinend ist hier noch heile Fussballwelt. Wohltuend, in diesen Zeiten. Der Andrang war groß, die Temperaturen in Yorkshire doch empfindlich frisch.
 
 
So sieht es dann von der anderen Seite aus. Hinten die Sitzplatztribünen, über die gesamte Länge verteilt. Halbzeitstand war 0:0, glücklich für die Gastgeber. Spielanteile vermutlich mit gefühlten 70% für Port Vale. Die schwarzen Planen vorne dürften wohl die "Heizdecken" für den Rasen im kommenden Winter sein. Wie gesagt, vermutlich.
 
 
Wie schon erwähnt, die gesamte Länge war Stehplatzbereich. Alles klein und gediegen. Der Zuschauerschnitt von Harrogate Town beträgt in dieser Saison bei sieben Heimspielen bislang 2.532. Damit ist man Schlußlicht aller 92 Proficlubs in England. In dieser Football League two ist Bradford City Erster, mit 16.430 Zuschauern.
 
 
In der 54. Minute war es dann endlich soweit, Post Vale ging in Führung. Ein sehenswerter Freistoß von Paton brachte das 0:1, das ausgiebig vor dem eigenen Anhang bejubelt wurde. Der Rest ist schnell erzählt. Die Hausherren versuchten jetzt besser ins Spiel zu kommen, aber es fehlten die Mittel. Und so blieb es trotz aller Bemühungen beim Sieg des Ersten in Yorkshire, Town wird auch in dieser Saison wieder nur den Klassenerhalt anstreben können. Mehr ist nicht drin, hier in Yorkshire. Bei all den bescheidenen Möglichkeiten ist das das Maß der Dinge und so dürften man weiterhin ein freundlicher Club sein, der jeden Besucher am liebsten per Handschlag begrüßen möchte.
 
 
Keep the faith.
RaMü
 
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