Railway Town Swindon
 
Hallo Bloggs. Als ich bei meinem letzten Trip Swindon als Übernachtung gewählt habe, waren die Gründe dafür einfach. Das Hotel Holiday Inn Express lag ziemlich nah am Bahnhof, war erschwinglich und ich kam mit dem Zug innerhalb einer Dreiviertelstunde nach Oxford und mit einer Schnellverbindung direkt nach Bournemouth. Passt. Dass ich aber in einer der bedeutendsten Railway towns der Welt war, wurde mir erst am Tag nach der ersten Nacht klar. Ich war in Swindon, dem Zentrum des Eisenbahnbaus schlechthin. Allerdings war das früher, als die Züge noch von Dampflokomotiven angezogen wurden. Heute erinnert nur noch ein doch recht großer verbliebener Teil der früheren Anlage an die großen Zeiten. Erfreulicherweise wurden viele Gebäude erhalten, restauriert und neuer Nutzung zugeführt.
 
 
Wenn man das ehemalige Gelände besuchen will, geht am besten durch den Tunnel unterhalb der Bahngleise. Auf der anderen, nördlichen Seite der Stadt befindet sich dann das Areal, welches heute zu einem bunten Mischmasch geworden ist. Hier beginnt auch der eigentliche Teil des "Works Heritage Trail", man taucht ein wenig in die alte Zeit ein.
 
 
In den Gebäuden rechts befanden sich unter anderem mehrere Werkstätten, metallverarbeitende Betrieben und eine Halle für die Produktion von Ketten. Zugleich gab es eine Art Testzentrum, heute würde man es als Qualitätssicherung bezeichnen.
 
 
Dieses Eck war für mich der ursprünglichste Teil der Anlage. Ab 1846 wurden hier Lokomotiven, Anhänger, Salon- und Güterwagen für die Great Western Railway gebaut. Nach bescheidenen Anfängen wuchs der kleine Ort innerhalb kürzester Zeit auf über 20.000 Einwohner an. Fertigte man am Anfang noch eine Lokomotive pro Woche (!)  so erreichte man eine Steigerung der Produktion von bis zu sechs (!) in der Woche. Diese wurden dann im gesamten British Empire eingesetzt und verkauft.
Hier wurden die halbfertigen Lokomotiven aus der Halle gezogen und auf der "traversing table" gedreht und in die nächste Halle zur endgültigen Fertigung transportiert.
 
 
Der Untergang der Dampflokomotiven begann dann so nach dem zweiten Weltkrieg. Swindon hatte jetzt über 80.000 Einwohner und jeder zweite Arbeitnehmer arbeitete bei der GWR, Great Western Railway. Mit der Einführung der sogenannten E-Loks wurde es still, 1962 fuhr die letzte Dampflok vom Band. Zurück blieb nur noch ein Reperaturbetrieb, welcher noch bis 1986 bestand. Dann wurde endgültig der Schlüssel rumgedreht, eine Epoche war zu Ende. Zurück blieb das Gelände. Aber schon bald gab es neue Pläne. Ein Teil der alten Hallen wurden abgerissen und es entstanden Parkplätze für das Swindon Designer Outlet.
 
 
Ich habe noch nie ein solch schöne Einkaufsmall gesehen. Mit sehr viel Einfallsreichtum und Liebe zum Detail wurden mehrere ehemalige Produktionshallen renoviert und umgemodelt, es entstand neues Leben in alten Räumen. Leider war ich eine Stunde vor der Öffnung da, daher die leeren Gänge. Aber der "Food court" hatte geöffnet. Man beachte das Ausstellungsstück.
 
 
 
 
Der explosiosartige Zustrom von Arbeitern aus der ganzen Insel brachte für das kleine Swindon ganz neue Probleme. Wohin mit all den Menschen. Und da ergriff die GWR die Initiative, man errichtete unmittelbar neben dem Gelände eine Arbeitersiedlung. Es gab bis zu vier verschiedene Wohnungseinheiten, die Miete wurde dierekt vom Lohn abgezogen. Heute ist alles wieder restauriert und die Nachkommen der "railway men" leben immer noch da. Man kann alles ablaufen und eine Wohnung ist als Museum eingerichtet. Mit dem Wohnungsbau wurden auch andere Einrichtung gebaut. So gab es extra eine Schule, ein Schwimmbad, eine Kirche und eine Einkaufsstraße. Zusätzlich einen Park für die Sonntagsspaziergänge, eine Bibliothek, eine Art Krankenstation und natürlich mehrere Pubs. Das alles hört sich richtig sozial und fortschrittlich an, das war es auch in gewisser Weise. Allerdings war das Arbeiterleben zumindest in den Anfangsjahrzehnten ziemlich hart und gefährlich. Rund 75 Arbeiter verloren Gliedmaße wie Arme oder Füße, pro Jahr wohlgemerkt.
 
 
Wer also großes Interesse an Englands Industriekultur und Eisenbahngeschichte hat, für den ist Swindon ein Muss. Man sollte schon einen kompletten Tag einplanen. Der Besuch des "Steam Museum of the GWR" soll ein Erlebnis sein, man kann es ja mit einem Einkaufstrip kombinieren. Von London Paddington aus sind es nur fünfzig Minuten. Also ich bin da förmlich durchgerannt, schließlich musste ich mit dem Zug um 11.48 nach Oxford. Natürlich habe ich die GWR genommen.
 
Keep the faith.
RaMü
 
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